Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 29.9.2017
Brockhaus schlägt ein neues Kapitel auf: Statt der seit dem Jahr 2000 tätigen Brockhaus Private Equity mit ihren Fonds investiert künftig eine AG namens Brockhaus Capital Management (BCM) in „Hidden Champions“ unter technologiegetriebenen, möglichst profitablen Mittelständlern, nicht aber in Start-ups. „Unser Fonds III ist nach drei Jahren investiert, jetzt wollen wir eine langfristigere Strategie verfolgen“, begründet Marco Brockhaus (49) im Gespräch mit der Börsen-Zeitung die Kehrtwende. Er peilt dafür die Börse als Instrument der Kapitalbeschaffung an. Track Record haben er und seine Kollegen: So hat Brockhaus etwa in Wirecard investiert – der Zahlungsdienstleister wurde bei seinem vorbörslichen Einstieg mit 57 Mill. Euro bewertet und ist heute an der Börse 9,5 Mrd. Euro schwer – sowie in die Devisenplattform 360T, die 2015 für 725 Mill. Euro als das damals teuerste deutsche Start-up aus der Finanzbranche an die Deutsche Börse veräußert wurde.
„Mit unserer Historie können wir auf Vorschusslorbeeren bei Investoren bauen“, weiß Marcel Wilhelm, Managing Director des Fondsbetreibers und künftig neben Marco Brockhaus im Vorstand der AG. In der Tat sei die Resonanz unter den bisherigen Fondsinvestoren – so deren Anlagerichtlinien nichts anderes vorsehen – auf die Idee positiv. Auch Unternehmer möchte man ins Boot holen. „Im ersten Schritt wollen wir etwa 50 Mill. Euro einwerben und streben dann ein Finanzierungsvolumen von 150 Mill. Euro an“, sagt Brockhaus, wobei die gestartete Zeichnungsfrist der vorbörslichen Privatplatzierung bis 20. November laufe.
Aus beiden Welten
Der Grundgedanke: „Wir wollen die Vorteile von Private Equity der Returns aus Direktbeteiligung mit dem liquiden Anlageinstrument Aktie vereinen“, sagt Brockhaus. Damit könne man flexibler arbeiten. Die Beteiligungen der Manager an den einzelnen Deals werde künftig über Aktien abgebildet. Den Nachteil der Fondsstruktur – Wertpotenzial durch Exit-Druck auf dem Tisch liegen lassen zu müssen – will er mit dem Wegfall des Private-Equity-Investitionszyklus vermeiden. Als börsennotierte Beteiligungsgesellschaft ohne Zwang, nach wenigen Jahren zu verkaufen, könne man sich ein ertragsstarkes Portfolio aufbauen, halten und sortieren. Eine „Evergreen“-Fondsstruktur lasse eventuell den Ausstieg nicht zu. Zwar gibt es einige notierte Beteiligungsgesellschaften mit Indus und Gesco an der Spitze, doch Brockhaus hält sich den speziellen Fokus auf „hochprofitable Technologieunternehmen“ zugute. „Wir wollen unsere bisherige Strategie fortsetzen mit proprietären Transaktionen und der Vermeidung von Auktionen“, betont der für Investments zuständige Georg Ganghofer. Das durchschnittliche Wachstum der Portfoliofirmen liege über die Haltezeit bisher bei mehr als 50%. Brockhaus setze auch mit der neuen AG nicht auf den Schuldenhebel, sondern auf Wachstum von Umsatz und operativem Ergebnis, um den Wert zu steigern.
Das in den drei bisherigen Fonds verwaltete Vermögen liegt bei 285 Mill. Euro, wobei es rund 50 Einzeltransaktionen in 23 Portfoliofirmen gab. Dieses Jahr wurde Peakwork, ein Softwarehaus für die Reisebranche, erworben (vgl. BZ vom 24. Mai), und es wurden Thermamax und J&S Automotive veräußert. Unlängst kam die Akquisition von Auvesy, einem Softwarespezialisten im Datenmanagement aus Landau in der Pfalz, hinzu. Das operative Ergebnis aller fünf Beteiligungen des Kapitaltopfes komme 2017 auf etwa 25 Mill. Euro. Daraus lässt sich mit einem entsprechenden Multiple eine Marktkapitalisierung von 200 Mill. bis 300 Mill. Euro kalkulieren.
Zweimal das Geld
Zum 30. Juni erreichte Fonds III schon eine Bruttoverzinsung (IRR) von 51% und ein Geldmultiple von 2. Netto, also nach Gebühren und Carried Interest der Manager, seien es 35% und 1,7-mal. Durchschnittlich habe man etwa 20 Mill. Euro Eigenkapital in Transaktionen gesteckt.
Manschetten wegen steigender Transparenz und IFRS-Bilanzierung als notierter Emittent hat der frischgebackene Vorstand Wilhelm nicht. „Die Zügel werden überall angezogen“ und man berichte schon als Private Equity intensiv an Investoren. Dem Aufsichtsrat der BCM soll Othmar Belker vorsitzen, der frühere langjährige CFO des Zulieferers Norma. Die Finanzaufsicht BaFin hat den Plänen, für deren Realisierung eine seit Jahren gehaltene GmbH in eine AG umgewandelt wird, ihr Plazet erteilt. Die bisherigen Fondsinvestments werden von demselben Team fortgeführt.